50 Jahre Kantatenchor

„Wo man singt, da lass Dich ruhig nieder“ – wer kennt ihn nicht , den fröhlichen Kanon, der nach einem Gedicht von Johann Gottfried Seume ( 1763-1810) komponiert wurde?

Jeden Montag treffen sich seit 50 Jahren sangesfreudige im Gemeinderaum der Martin-Luther-Kirche in Zeuthen und erfüllen diesen Spruch mit Leben– und Musik. Aber was ist in 50 Jahren geschehen?

Kirchenchöre singen – das ist klar. Aber wenn das Repertoire sich nicht nur auf Choräle beschränken soll, muss ein tatkräftiger Kantor die Vision und das Talent haben, Großes zu wagen. Durch Mundpropaganda erhielt der kleine Kirchenchor Zulauf und Kantor Reinhold Warnat konnte 1973 das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach Teil I -III in der Martin-Luther-Kirche Zeuthen aufführen. Alle Mitwirkenden waren sich einig, dieses Format als Kantatenchor Zeuthen weiter auszufüllen und Montag für Montag in der Chorprobe von 19.30 bis 21.15 an wunderschönen Werken zu arbeiten, zu feilen und die Schönheit der unterschiedlichsten Gesangsstücke hervorzuzaubern.

Im Laufe der Jahre wuchs der inzwischen überregional bekannte Chor auf beachtliche 100 Mitglieder an, die z.T. auch weitere Wege auf sich nahmen, um gemeinsam Werke zur Aufführungsreife zu bringen. Damit zählt der Kantatenchor Zeuthen noch heute zu den mitgliederstärksten Chören der Region, auch wenn durch die Corona-Pandemie einige Mitglieder wegblieben.

Kantor Warnat erarbeitete mit dem Kantatenchor ein anspruchsvolles Repertoire an Werken, z.B.die großen Passionen, Kantaten und Motetten von J.S. Bach, Händels „Messias“, Mozarts „Requiem“ und auch das „Deutsche Requiem“ von Brahms. Wir wagten uns an die großen Oratorien von Mendelssohn-Bartholdy, den „Paulus“ und den „Elias“ und erfreuten uns und die Zuhörer auch immer wieder in der Weihnachtszeit mit „unserem“ Weihnachtsoratorium.

2006 übernahm Kantor Christian Finke-Tange nach Ausscheiden von Kantor (und inzwischen Kirchenmusikdirektor) Warnat in den Ruhestand den Kantatenchor. Unser junger, dynamischer und innovativer Kantor erweiterte das Spektrum sowohl in die mittelalterliche Zeit mit Schütz und Monteverdi als auch in die Moderne mit Orff, Nystad, Mortensen, Britten , Poulenc. Zunächst alles ungewohnt, aber bei näherem Kennenlernen außerordentlich reizvoll.   Haydn war mit der “Schöpfung” und den “Jahreszeiten” vertreten und die Weihnachtskonzerte wurden mit Saint Saens “Weihnachtsoratorium” und den Ceremony of Carols von Britten, mit dem “ Stern von Bethlehem “ Rheinbergers und Mendelssohn Bartholdys “ Vom Himmel hoch” wohltuend variiert. Das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach blieb aber dennoch der Publikumsmagnet. 

Diese großen Konzerte nach wochen- und monatelangem Üben, Korrigieren, Üben, Verzweifeln, Üben und Gestalten waren Höhepunkte in unserem Chorleben.

Aber genauso wunderbare Höhepunkte waren auch die Gemeinsamkeiten, die den Chorzusammenhalt enorm stärkten: Chorfahrten und Chorreisen. 1993 führte uns die erste Auslandsreise nach England. Das Singen in der Kathedrale von Coventry war ergreifend. In den folgenden Jahren hatten wir die Kopplung von intensiver Probenzeit mit interessanten Ausflügen in reizvolle Gegenden Europas und Deutschlands und abendlicher Gemütlichkeit erleben dürfen: Wir waren u.a. in Burgund, in Schweden, im Schwarzwald, auf Helgoland und Bornholm, in Bochum, in Südtirol, in Breslau, in Marienthal bei Görlitz und in Zinnowitz auf der schönen Insel Usedom.

Die viel kürzeren Chorfahrten in die etwas weitere Umgebung Zeuthens, die sich nur auf ein Probenwochenende bezogen, waren dafür immer sehr arbeitsintensiv, was der Erarbeitung eines Werkes in der sogenannten „heißen“ Phase ausgesprochen gut tat und weiterhin tut.

1992 hatten wir einen Verein aus sehr pragmatischen Erwägungen gegründet. Der Kirchenkreis Neukölln konnte die finanziellen Belastungen nach der Wende nicht mehr tragen und so wurde es erforderlich, über Mitgliedsbeiträge, Fördergelder und Spenden eine finanzkräftige Basis für die Aufführung unserer anspruchsvollen Programme zu schaffen Ein großes Konzert kostet – wesentlich mehr, als die Kartenpreise einbringen.

Für diese unkünstlerischen Tätigkeiten, wie Fördergelder beantragen und nach einem Konzert entsprechend die Erfahrungsberichte und Begründungen für die Geldverwendung schreiben, für die Verwaltung der Vereinskasse, für Organisation der Chorfahrten und Chorreisen, für Schriftverkehr und viele andere Dinge benötigt der Chor einen Vorstand.

Diese ehrenamtliche Tätigkeit umfasst den Kantor, einen Vertreter des Gemeindekirchenrates und 4 Vorstandsmitglieder, die für jeweils 4 Jahre gewählt werden.

Unser Kantatenchor erfreut uns alle nicht nur während der Montagsproben, die auch manchmal durch Zusatzproben an anderen Wochentagen ergänzt werden, sondern durch den herzlichen Zusammenhalt der Chormitglieder, die auf den Chorreisen und Chorfahrten, beim jährlichen Sommerfest, bei Veranstaltungen der Kirchengemeinde Zeuthen oder der Ortsgemeinde eine beglückende Gemeinschaft bilden.

Herzklopfen und Adrenalinausstoß indes ist bei den Konzerten, die einfach nur glücklich machen, vorprogrammiert. Seien Sie deshalb herzlich eingeladen, allen unseren Konzerten zu lauschen und ein Quentchen dieses Glückes mitzunehmen.

Dr. Sabine Pohl